Wie lässt sich Rydberg-Physik praktisch nutzen?
Die vielfältigen Eigenschaften von Rydberg-Atomen öffnen einen ganzen Reigen von Anwendungen, von Sensoren bis hin zu optischen Computern und Quantencomputern. Einige davon sind schon recht weit entwickelt. Das äußerste Elektron eines Rydberg-Atoms ähnelt einem Seidenband, das die leiseste Luftbewegung anzeigen kann. Es eignet sich für sensibelste Messungen. Einzelne Lichtteilchen etwa, lassen sich nicht nachweisen, ohne sie zu zerstören. Das Rydberg-Atom jedoch misst das Photon sehr sanft. Dieses lässt detektieren, ohne kaputtzugehen.Auch feinste Spuren von Gasen könnten sich nachweisen lassen, Stickoxide etwa. Dies wollen Stuttgarter Physiker erreichen, indem sie Stickoxidmoleküle in den Rydberg-Zustand versetzen. Diese verändern den Stromfluss durch eine Gaszelle messbar, selbst in kleinster Konzentration. Solche Gassensoren werden empfindlich genug sein, um in Atemluft winzigste Stickoxid-Konzentrationen nachzuweisen, und somit Hinweise auf Erkrankungen zu finden.
Eine weitere Perspektive ist die Quantentechnologie. Diese nutzt die bizarren Gesetze der Quantenphysik, um Botschaften abhörsicher zu senden oder um bestimmte Aufgaben schneller zu lösen als jedem gewöhnlichen Computer im Entferntesten möglich. Das erfordert die Kontrolle über einzelne Teilchen wie Atome oder Photonen. Wichtig sind zum Beispiel Schalter, die das Aussenden eines einzigen Lichtteilchens auslösen. Mit Hilfe von Rydberg-Atomen gelingt dies nicht nur, wie bislang, bei sehr tiefen Temperaturen, sondern bei Raumtemperatur. Für optische Rechner oder Quantencomputer wiederum sollen einzelne Photonen miteinander wechselwirken, um logische Operationen auszuführen. Doch Lichtteilchen „ignorieren“ sich unter üblichen Umständen. Wenn aber ein Photon ein Atom in den Rydberg-Zustand versetzt, dann kann ein weiteres dies in der Nachbarschaft nicht mehr tun. Dadurch entsteht indirekt die gewünschte Interaktion. Stuttgarter Physiker sind dabei, dieses Prinzip auch in Halbleitern umzusetzen, sodass am Ende ein optischer Transistor ähnlich den derzeitigen Halbleiterbauelementen stehen könnte.
Text: Christian Meier